Buchrezension
„Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch. Wie globale Krisen gelöst werden müssen“ von Kristina Lunz
Das Buch „Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch. Wie globale Krisen gelöst werden müssen“ von Kristina Lunz ist in diesem Jahr erschienen. Die Aktualität dieses Buches zeigt anhand der Ereignisse in Afghanistan und in der Ukraine die Relevanz und Dringlichkeit eines Paradigmenwechsels innerhalb der Diplomatie, der Sicherheits- und Außenpolitik.
Doch wie kann ein grundlegendes Umdenken gelingen? Wie können marginalisierte Stimmen an Repräsentation und Teilhalbe innerhalb politischen Verhandlungen und Entscheidungen erhalten? Wie können globale strukturelle Ungleichheit beseitigt und Lebensbedingungen verbessert werden? Wie lassen sich große Herausforderungen wie das Abwenden von Klimakatastrophen und globalen Krisen bewerkstelligen? Die Antwort der Autorin lautet: Feministische Außenpolitik.
Kristina Lunz ist Mitbegründerin von Centre for Feminist Foreign Policy. Mit ihrem Buch setzt sie sich intensiv mit Diplomatie, Sicherheitspolitik und Außenpolitik auseinander. Beginnend mit ihrer persönlichen Erfahrung, biografischen Reflexionen und ersten Berührungspunkten mit dem Thema Feminismus, verknüpft sie feministische Theorien mit juristischen und politikwissenschaftlichen Ansätzen und setzt diese in einen historischen und globalen Zusammenhang. Kristina Lunz zeigt auf, dass es eine grundlegende Neugestaltung von Außenpolitik braucht und beschreibt einen ganzheitlichen, feministischen Ansatz, welcher Basis sein kann, Krisen und globale Konflikte neu zu denken und diesen entgegenzuwirken. Anhand von Beispielen außenpolitischer Handlungsfelder bekräftigt sie ihre Argumentation und verdeutlicht die Aktualität für ein Umdenken innerhalb der Außen- und Sicherheitspolitik. Ihr Anliegen ist es, dass Chancengerechtigkeit und Gleichberechtigung in politischen Strukturen etabliert und marginalisierte Perspektiven sichtbar gemacht werden. Jedes Kapitel endet mit einer Vorstellung einer Expert*in oder Aktivist*in, die Einblicke in ihre Arbeit geben. So ist das Buch nicht nur eine historische Aufarbeitung der Thematik, sondern zugleich eine Ermutigung, sich mit den Themenfeldern intensiver auseinanderzusetzen.
Die Autorin macht deutlich, dass die Strukturen internationaler Politik androzentrisch sind und seit Jahrhunderten Handlungen und Entscheidungen von Außen- und Sicherheitspolitik beeinflussen. Das Aufkommen aktueller Krisen, Kriege und Konflikte zeigt jedoch, dass diese patriarchale Gesellschaftsform gescheitert ist. Die Außenpolitik in ihrer aktuellen Form kann keine zukünftsfähigen und gerechten Lösungen formulieren, solange die Unterdrückung von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen, Menschenrechtsverletzungen und bestehende Ungerechtigkeiten weiterhin strukturell reproduziert werden. Feministische Außenpolitik muss diese Strukturen aufbrechen und inklusiv, intersektional und antirassistisch handeln. Die Erfahrungen von Frauen und marginalisierten Gruppen sollen gehört und ihre Bedürfnisse repräsentiert, Diversität und Chancengerechtigkeit gefördert werden. Feministische Außenpolitik zielt darauf ab, die Perspektiven von Frauen, LGBTQI*, Schwarze Perspektiven, und Perspektiven weiterer marginalisierter Gruppen sichtbar zu machen und ihre Lebensrealitäten und Sichtweisen in politische Handlungen einzubeziehen.
Ein Paradigmenwechsel ist die einzige Möglichkeit, weiteren Krisen entgegenzuwirken. Die Forderung nach einer feministischen Außenpolitik ist eine klare Antwort und ein Gegenmodell zu der patriarchalen Machtverteilung innerhalb der Politik. Feministische Außenpolitik zielt, so die Autorin, auf Vermittlung und Kommunikation, sie setzt Machtinteressen Menschenrechte entgegen, fokussiert menschliche Sicherheit statt die Sicherheit von Staaten und zeigt deutlich, dass Krieg und Krise und deren Auswirkungen nicht geschlechtsneutral sind. Hier setzt ein weiteres Kernprinzip feministischer Außenpolitik an: Die bestehenden Machtdynamiken und Gewaltverhältnisse werden hinterfragt, benannt und aufgebrochen. Denn die Ursachen von globalen Krisen sollen verstärkt in den Blick genommen werden, um gegen diese angehen zu können. Politische Handlungsfelder von feministischer Außenpolitik umfassen somit auch zentrale Fragen nach Frieden, Klimagerechtigkeit, Demilitarisierung, globale Gesundheit und sozialer Gerechtigkeit. Das Buch weist stets zeithistorische Komponenten auf, verläuft entlang einer historischen Einbettung von Ansätzen feministischer Außenpolitik, kombiniert diese mit zentralen aktuellen Herausforderungen und zeigt deutliche Lösungsansätze, wie Politik in Zukunft gestaltet werden kann und muss, um globale und sozialpolitische Themen umfassend lösen zu können.
Eine Stärke des Buches ist der Fokus auf die Zivilgesellschaft. Denn Kristina Lunz sieht vor allem in der demokratischen Zivilgesellschaft eine Chance für Bewegung und Veränderung. Am Beispiel feministischer Kämpfe verdeutlicht sie, dass zivilgesellschaftliches Engagement und Aktivismus dazu beitragen können, politische Handlungsprozesse mitzugestalten und gleichberechtigte Ansätze zu entwickeln und zu etablieren. In dieser liegt auch ein Motor für die Neuorientierung von Außen- und Sicherheitspolitik. Das Buch von Kristina Lunz ist ein Anfang, sich dieser Dynamiken bewusst zu werden und eine klare Leseempfehlung, denn: Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch.
Kristina Lunz: Die Zukunft der Aussenpolitik ist feministisch. Wie globale Krisen gelöst werden müssen. Econ, 22,99 Euro.