Violettes Rechteck, füllt das gesamte Bild aus.

Internationaler Frauen*tag

Rückblick: 8. März 2023

Im EVA haben wir uns diesem besonders wichtigen Datum im feministischen Jahreskalender gewidmet. Rund 50 Frauen* kamen am Nachmittag des 8. März im EVA zusammen, um bei Kaffee, Waffeln und Kuchen den Internationalen Weltfrauen*tag zu feiern, visuelle Botschaften von internationalen Aktivist*innen in Augenschein zu nehmen, literarischen und poetischen Stimmen und musikalischen Impulsen zu lauschen und eine Ausstellung über Frauen*figuren der Frauen*bewegungen zu betrachten. Gemeinsam blickten sie auf die Historie der Frauen*- und Arbeiter*innenbewegung zurück, denn der feministische Kampf um Freiheit und Gleichberechtigung steht in einer langen Tradition. Auch Stimmen aus der internationalen Frauen*protestbewegung in Gegenwart und Geschichte bekamen an diesem Nachmittag Gehör und wurden gebührend gefeiert.

Sechs Frauen singen und eine Frau sitzt am Klavier.

Das Lied Brot und Rosen wurde am 8. März im EVA  gemeinsam gesungen. Die Forderung "Brot und Rosen" hat ihren Urspung in einer Rede der New Yorker Gewerkschafterin Rose Schneiderman im Jahr 1911: The woman worker needs bread, but she needs roses too. Das Lied enstand in Folge dessen und begleitete den Lawrence-Streik / Brot und Rosen-Streik der Textilarbeiter*innen im Jahr 1912. Seitdem wird das Lied auch zum Internationalen Frauen*tag gesungen, um auf jegliche Form von Unterdrückung, Ausbeutung und patriachale Sturkturen aufmerksam zu machen und daran zu erinnern, dass politische Kämpfe nur gemeinsam und solidarisch gelingen können.

Brot und Rosen

Wenn wir zusammen gehen, geht mit uns ein schöner Tag,
durch all die dunklen Küchen und wo grau ein Werkshof lag,
beginnt plötzlich die Sonne unsre arme Welt zu kosen,
und jeder hört uns singen: Brot und Rosen.

Wenn wir zusammen gehn, kämpfen wir auch für den Mann
weil unbemuttert kein Mensch, auf die Erde kommen kann.
Und wenn ein Leben mehr ist, als nur Arbeit Schweiß und Bauch,
woll'n wir mehr, gebt uns das Leben, doch gebt uns Rosen auch!

Wenn wir zusammen gehn, gehn unsre Toten mit,
ihr ungehörter Schrei nach Brot, schreit auch durch unser Lied,
sie hatten für die Schönheit, Liebe, Kunst erschöpft nie Ruh,
drum kämpfen wir ums Brot, und um die Rosen dazu.

Wenn wir zusammen gehn, kommt mit uns ein bessrer Tag.
Die Menschen die sich wehren, wehren aller Menschen Plag.
Zu Ende sei, dass kleine Leute schuften fuer die Großen!
Her mit dem ganzen Leben: Brot und Rosen!

Auf dem Bild stehen Anne Wisseler-Soos und Ulrike Gros aus dem EVA Team vor einem Regenbogenvorhang.

Stimmen aus der internationalen Frauen*protestbewegung in Gegenwart und Geschichte bekamen an diesem Nachmittag Gehör. 

Die feministischen Kämpfe in Brasilien wurden vorgestellt und gemeinsam das Proteslied Vamos Derrubar O Governo von der Musikerin Doralyce gehört.

Auch wurden Protokolle von Aktivist*innen aus dem Iran vorgelesen. Die Protokolle zur Iran-Revolution könnt Ihr hier nachlesen: Klick

Stimmen aus der Ukraine bekamen Gehör mit Blogbeiträge von Anne Daur-Lyrhammer, Nastya Kolisnyk und Lena Kostenko. Den Blog Soulsisters findest Du hier: Soulsisters / спорідненi душi

Abschließend wurde ein Gedicht der afghanischen Lyrikerin Nadia Anjuman mehrsprachig vorgetragen. 

Nadia Anjuman: Es macht keinen Sinn

Musik macht keinen Sinn mehr - warum sollte ich komponieren,
ich bin verlassen worden von der Zeit, ob ich singe oder ob ich schweige.

Wenn Worte Gift sind für die Zunge, warum sollte ich schmecken?
Lieder zu unterdrücken, ist die stärkste Waffe meiner Missbraucher.

Niemand nimmt wahr oder kümmert sich nirgendwo ob
ich weine, ob ich lache, ob ich sterbe oder schweige

hier in dieser Gefängniszelle von Kummer und Reue;
Warum soll ich leben, wenn meine Zunge versiegelt ist, schweigt.

Mach langsam, mein Herz, das hüpft, um den den süßen Frühling zu begrüßen,
meine gebrochenen Flügel werden diese kurze Erregung mäßigen.

Obwohl Melodien aus meiner Erinnerung fließen, abgestanden vom Schweigen,
wehen immer noch Lieder herauf aus dem Flüstern der Seele.

Ein Gedanke an den Tag, an dem ich den Käfig zerbrechen werde
sorgt dafür, dass ich summe wie eine sorglose Betrunkene bis

sie sehen können, dass ich kein Weidenbaum bin, der vom Wind geschüttelt wird — eine afghanische Frau klagt und singt, und klagen und singen werde ich!

Übersetzung: Anne Daur-Lyrhammer


Nadia Anjuman: Makes No Sense 

Music makes no sense anymore—why should I compose,
I am abandoned by time whether I sing or am still.

When words are poison to the tongue, why taste?
Stifling songs is my abuser’s strongest skill.

No one anywhere notices or cares whether
I cry, whether I laugh, whether I die or am still

here, in this captive’s cell with Grief and Remorse;
why live, if my tongue is sealed, still.

Slow down, heart that leaps to greet sweet spring,
my broken wings will temper this temporary thrill.

Though melodies drain from memory, stale with silence,
songs waft up from soul-whispers still. 

One thought of the day I will break the cage
makes me croon like a carefree drunk until

they can see I am no wind-trembled willow tree—
an Afghan woman wails and sings, and wail and sing I will!


عبث

نیست شوقی که زبان باز کنم از چه بخوانم
من که منفور زمانم چه بخوانم چه نخوانم

چه بگویم سخن از شهد که زهر است به کامم
وای از مشت ستمگر که بکوبیده دهانم

نیست غمخوار مرا در همه دنیا به که نازم
چه بگویم، چه بخندم، چه بمیرم، چه بمانم

من و این کنج اسارت، غم ناکامی و حسرت
که عبث زاده ام و مهر بباید به زبانم

دانم ای دل که بهار ان بود و موسم عشرت
من پربسته چه سازم که پریدن نتوانم

گرچه دیریست خموشم نرود نغمه ز یادم
ز انکه هر لحظه به نجوا سخن از دل بر هانم

یاد آن روز گرامی که قفس را بشکافم
سر برون آرم ازین عزلت و مستانه بخوانم

من نه آن بید ضعیفم که ز هر باد بلرزم
دخت افغانم و بر جاست که دایم به فغانم

 

Quelle: Marie, Farzana: Load Poems Like Guns. Women’s Poetry from Herat, Afghanistan. USA 2015. https://kanonsem.hypotheses.org/1203, Übersetzung ins Deutsche: Anne Daur-Lyrhammer

Die andauernden Proteste und Kämpfe feministischer Aktivist*innen in Brasilien, der Ukraine, Afghanistan, dem Iran und der USA zeigen deutlich, dass ein Wandel in Gesellschaft und Politik nur mit der Verwirklichung von Gleichberechtigung und Gleichstellung der Geschlechter und der Stärkung von Frauen* und Mädchen* funktionieren kann. Und im Umkehrschluss bedeutet dies für feministische Bewegungen, dass die Kämpfe nur solidarisch und als Verbündete gelingen können.

Im Hintergrund des Bildes sind verschiedene Symbole aus der Frauenbewegung an einer Magnetwand geheftet. Im Vordergrund steht ein Zweig, an dem gute Zettel mit guten Wünschen gehängt sind.

Außerdem wurde auf verschiedene EVA-Ereignisse angestoßen, denn es gab an diesem Tag noch mehr zu feiern und zu würdigen: Das EVA ist im vergangenen Jahr 25 Jahre alt geworden, Pfarrerin Anne Daur-Lyrhammer ist als Leiterin des EVA 10 Jahre im Amt und Gotlind Ulshöfer folgt einem Ruf an die Evangelische Hochschule Darmstadt/Treysa, sodass wir sie gebührend verabschiedet haben.